Wednesday, June 27, 2007

Abschiedsblog

So, das wars jetzt. Der Wills Tower ist von seinem Geruest befreit (als wir hier ankamen, war er voellig eingepackt) und das Jahr ist zu Ende. Zu Hause wartet mein Gepaeck und der Putzeimer auf mich. Gerade habe ich Heidi in den Bus zum Flughafen gesetzt. Alle anderen Abschiede habe ich trocken ueberstanden, doch diesmal musste ich heulen und hab mich immer noch nicht ganz beruhigt. Aber das gehoert halt auch dazu zum Erasmusjahr.
Doch jetzt zu meiner Woche. Freitag Nachmittag schaffte ich es endlich, mir das Commonwealth-Museum am Bahnhof anzuschauen. Und das war gross und halbwegs interessant, nur konnte ich mich nicht so recht konzentrieren. Es gab auch eine grosse Sonderausstellung zum Thema Sklaverei - Bristol hat ja viel Geld mit dem Sklavenhandel verdient und macht deswegen jetzt anscheinend besonders viele Aktionen zum 200-jaehrigen Jubliaeum der Abschaffung der Sklaverei. Freitag abend ging ich mit Martina einen Coctail trinken und saugte nochmal die Athmosphaere in einem englischen Pub am Freitag auf - wozu auch Limosinen mit schreienden Briten auf der Strasse gehoert (Foto). Samstag war wieder organisieren angesagt, und abends ein letztes mal weggehen. War aber mal wieder nicht so toll. Sonntag Mittag kam Jule zu Besuch. Sie war seit Januar als Erasmusstudentin in Bangor in Nordwales, das anscheinend ein Dorf mit angegliederter Uni ist. Sie war sehr fasziniert von einer Stadt: Haeuser, Autos, Menschen... Ich lief mit ihr den ueblichen Touristenweg nach Clifton ab, auch am Student's Union Building (Foto) vorbei. Unterwegs stellten wir fest, das unsere deutsche Ausdrucksfaehigkeit gelitten hat: "Schau mal, da ist nearly blau Himmel!" Leider beschloss das Wetter, sich besonders englisch zu geben und wir wurden Klatschnass. Wir fluechteten in ein Cafe, wo wir Hendrik, ebenfalls Erasmusstudent und Klischee Jurist, trafen, der das selbe tat. Als der Regen nicht aufhoerte, trotzdem wir ihm und liefen eisern ueber die Clifton Suspension Bridge. Dann ging es nach Hause, umziehen und in den Pub. Es wurde allerdings nicht ganz so spaet, denn am naechsten Morgen um 6 brachte ich Jule zum Bus, der sie zu ihrer Mitfahrgelegenheit bringen sollte. Es war schoen, sie mal wiederzusehen.
Spaeter am Montag beschlossen Heidi und ich, einen letzten Ausflug zu machen. Es sollte in eine nette kleine Stadt namens Chepstow an der walisischen Grenze gehen. Gegen 12 fuhren wir mit dem Zug bei Bristol Temple Meads (Foto) los. In Newport mussten wir umsteigen. Leider verstanden wir nicht so ganz, wo der Anschlusszug abfahren sollte, mit dem Resultat das er uns vor der Nase wegfuhr. Nicht so schlimm, dachten wir, in einer Stunde faehrt der naechste Zug, gehen wir halt was essen. Wir schauten uns die Innenstadt von Newport an, die nicht ganz so haesslich war, wie es vom Zug aus aussah, und assen Fish and Chips. Eine Stunde spaeter ging es zurueck zum Bahnhof. Wir hatten 10 Minuten Zeit und gingen nochmal aufs Klo. Leider musste man dort etwas warten. Als wir aufs Gleis hetzten, schloss der Zug gerade seine Tueren und der Schaffner bat uns, zurueckzutreten. "The next one is at 15.24, I'm afraid." Wir passten nicht so richtig auf, liefen aber zum Busbahnhof und checkten wann der naechste Bus fuhr. Da er ueber eine Stunde brauchen sollte, dachten wir: ok, wir nehmen den Zug. Wir kauften uns Kaffee (der froehlich auf meine Hose tropfte...) und warteten. Doch als wir zum Bahnhof kamen (diesmal 20 Minuten zu frueh) stellten wir fest, dass der naechste Zug erst eine Stunde spaeter fuhr. Als wir den Bahnhof das dritte mal verliessen, grinste der Mensch am Tor. Wir gingen ins Museum (das zusammen mit der Buecherei und der Kunstgalerie in einem Gebaeude war). Wir konnten uns allerdings nicht so richtig konzentrieren. Heidi war sauer. Sie beschloss, fuer den Schaffner keine Gefaengnisstrafe wegen Mordes verbuessen zu wollen, und dachte sich deshalb Foltermethoden fuer in aus, nach dem Motto "slowly and painfully". Unter anderem ueberlegte sie, ob sie die Ausgestellte Steinzeit-Axt nicht einsetzen sollte. Aber sie dachte auch daran, ihn mit Nadeln unter den Fingernaegeln zu piksen und ihn nackt auf einem Eisberg auszusetzen und ihm 20 mal "Crazy" von Britney Spears vorzuspielen. Das Museum und die Kunstgalerie waren nicht besonders interessant. Ein bisschen Roemer, etwas Mittelalter, ein paar Bilder vom Ort und etwas modernes. Und eine merkwuerdige Elektro-Installation. In dieser Zeit hatten wir wohl alles gesehen, was es in Newport zu sehen gab.
Wir machten uns zum dritten und letzten mal auf den Rueckweg zum Bahnhof. Der Mensch am Tor wuenschte uns viel Glueck. Wir waren circa 20 Minuten zu frueh und sassen aum Gleis. Heidi dachte weiter an Folter. Das Maedchen neben uns begann ploetzlich zu lachen, und ich habe den Verdacht, dass das nicht mit ihrem Buch zusammenhing. Der Schaffner tauchte auf, und Heidi schwang drohend ihren Regenschirm. Diesmal schafften wir es, den Zug zu kriegen. Ich bot Heidi an, Musik zu spielen und fragte was sie hoeren wolle. Die Antwort war "Killers".
Nach weiteren 20 Minuten kamen wir in Chepstow an, und die Sonne kam heraus. Es war wirklich nett in Chepstow: eine kleine Stadt mit Burgruine und Fluss. Es waere schoen gewesen, Zeit zum Burg besichtigen und spazierengehen zu haben. Aber nach den 3 Stunden in Newport hatten wir leider nur anderthalb Stunden ueberig. So joggten wir mehr oder weniger durch den Ort, dachten "Schoen hier", ueberquerten eine Bruecke und liefen auf die Art von Wales nach England und zurueck, schauten Baeume, Tal und ein als Lagerhaus genutztes Loch von weitem an und nahmen den naechsten Zug zurueck in Richtung Bristol. Dort sagte uns die Kontrolleurin, das wir an einem anderen Bahnhof als Newport umsteigen koennten, die Verbindung waere besser.
In Bristol rannte ich nach hause, ass etwas und rannte weiter zu Martina zum Fotos tauschen. Es war ihr letzter Abend. Sie hatte gepackt, geputzt und hatte ein wenig Zeit. Mal wieder Zeit zum Verabschieden. Ausklingen liess ich den Abend im Computercenter.
Dienstag war dann ebenfalls Stress. Morgens putzten wir die Kueche: Heidi die Moebel, ich die Waende (Foto). Eklig. Dann brachte ich noch ein Paket zur Post, und am Nachmittag trafen wir uns mit Claire und Clotilde, um in der Boston Tea Party Kaffee zu trinken. Ich war 10 Minuten zu spaet und die erste. Es war ein lustiger Nachmittag. Am Abend gingen wir mit Wajdi essen. Wir gingen zu Italiener um die Ecke. Auch das war ein schoener Ausklang. Wajdi bezahlte uns einen Nachtisch - und haette damit fast den "Suessigkeitenkrieg", der zwischen Heidi und ihm tobt, gewonnen. Die beiden schenken sich seit Wochen gegenseitig Suessigkeiten, damit sie selbst nicht so viel essen. Doch Heidi schenkte ihm heute morgen einen Keks. Ich brannte Heidi noch eine CD mit vielen Fotos von diesem Jahr, und dann ging ich schlafen.
Heute morgen gegen 10 kam dann der Moment, vor dem ich Angst gehabt hatte: Abschied von Heidi. Aber das ist jetzt auch vorbei.
Morgen werde ich mir wohl in aller Fruehe ein Taxi mit Wajdi teilen und mit ihm zum Flughafen fahren. Sein Flug geht um 7.00 am Bristol International Airport ab, meiner um 8.00. Vijay ist allein in der Wohnung. Hoffentlich verwuestet er sie nicht.
Insgesamt glaube ich, das Jahr hat sich gelohnt. Es gab zwar Schattenseiten, doch auch viel Gutes. Ich habe interessante, nette Menschen kennengelernt, viel von Britain gesehen, bin dankbar kein englischer Jurist werden zu muessen, habe festgestellt das ich Europarecht gerne mag, und hoffe, dass ich auch einiges fuer mich persoenlich mitgenommen habe. Nicht zuletzt Selbstbewusstsein.

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