Sunday, April 15, 2007

Ostern und Ausfluege

Eigentlich dachte ich ja, ich muesste fuer die letzten anderthalb Wochen einen gigantischen Buecherstapel fotografieren und darunter schreiben "Das war meine Woche". So gut wie kein Mensch, den ich kannte, war in Bristol, und die, die da waren, hatten Besuch und waren mit diesem beschaeftigt. Doch ich arbeitete nicht so viel, oder jedenfalls nicht so effizient, wie ich es eigentlich vorgehabt hatte. Irgendwie kam immer was dazwischen, so wie ein Spaziergang durch das wirklich schoene Osterwetter, oder Waeschewaschen. Die Waschmaschinen in der Union sind schon wieder kaputt! Ist das zu glauben? Warum ueberlebt eigentlich keine englische Waschmaschine den Kontakt mit mir? Zum Glueck hatte ich einen Waschsalon in der Naehe entdeckt, was mich vor einem weiteren 20-Minuten-Marsch bewahrte. Doch ich quaelte mich auch und quaele mich immernoch langsam durch das englische Deliktsrecht. An den ersten Tagen war die Ruhe auch ganz schoen, so konnte ich die Eindruecke aus London verarbeiten. Und neue Reisen planen. Und eklige englische Ostereier essen (die sind mit weissem Fondant gefuellt und haben in der Mitte einen gelben "Dotter"). Von Ostern bekam ich allerdings kaum was mit, ausser Menschenmassen in den Strassen.
Am Dienstag holte ich mir allerdings erstmal ein Care-Paket von der Post ab, in dem leckere deutsche Ostereier waren (Danke, Oma!). Am Nachmittag fuhr ich mit Geline, einer Hollaenderin, die hier Praktikum macht, nach Weston-Super-Mare. Das ist ein bekannter und beliebter Badeort in einer Bucht am Meer. Ich weiss allerdings nicht so ganz, warum. Am fruehen Nachmittag verschwindet das Wasser, so das nur noch Sand, ein Pier mit Spielhalle und Blick auf die Inseln nahe des Ufers uebrig ist. Das Ortsbild ist nich so besonders schoen und gepraegt vom Tourismus -Fish and Chips Shops ueberall. Trotzdem spazierten wir eine Weile durch die Gegend und machten ab und an Pause. Geline versuchte, an einem Spieleautomaten das haesslichste Stofftier zu erbeuten und hatte zum Glueck Pech. Es war schoen warm- was zum ersten Eis des Sommers (auf dem Bild mit Geline) und zum ersten Sonnenbrand fuehrte.
Nach einem Tag lernen und planen (ich fahre nach Cornwall!) fuhr ich dann nach Birmingham. Ich wollte einen weiteren Eindruck von England kriegen, und habe mir dafuer eine grosse, von Industrie gepraegte Stadt ausgesucht. Birmingham hat viele Kriegsluecken, die mit moderner Architektur geschlossen wurden. Und wie einige Staedte, die sonst nicht viel zu bieten haben, macht Birmingham einen auf Kulturstadt. Nach knapp 3 Stunden Busfahrt kam ich an, und begann mit der Suche nach der Touristinfo, um mir einen handlichen Stadtplan zu besorgen. Nachdem ich etwas durch die Innenstadt mit ihren viktorianischen Gebaueden und modernen Hochhaeusern geirrt war, fand ich sie dann auch. Ich beschloss, mit Stadtmuseum und Kunstgalerie anzufangen. Dort konnte man sich sowohl ein wenig Leben in der Stadt als auch viele Bilder anschauen. Besonders bekannt ist das Museum fuer seine Prae-Raffaelitensammlung. So schaute ich mir einige Bilder mit Figuren mit riesigen Augen an und fragte mich, wo das denn bitte im Vergleich zufr sonstigen Malweise schlicht sein sollte. Als ich fertig war und die zweite Galerie nicht fand, lief ich zu den Kanaelen. Obwohl Birmingham weit weg vom Meer liegt, hat es ein Kanalsystem, dass frueher zum Transport schwerer Sachen genutzt wurde. Heute macht es im Stadzentrum einen hippen Eindruck, Cafes und teure Wohnungen liegen in der Naehe. Wenn man aber ein Stueck weiter an den Kanaelen entlanglaeuft, kommt man zu den alten Industrie- und Lagerhaeusern, die nicht besonders schoen sind. Ich lief eine Weile an den Kanaelen entlang (die in der Innenstadt von Messebesuchern mit rotem Rucksack umzingelt waren; Foto) und ueberlegte, ob ich nicht doch noch in eine andere Stadt fahren soll. Ich entdeckte noch eine Galerie mit moderner Kunst und schaute mir die Ausstellung an. Dann lief ich zum Bahnhof und stellte fest, dass der Zug in die andere Stadt zu lange braucht. Doch ich beschloss, mir die Back-to-Back-Houses anzuschauen, und das war eine gute Entscheidung. Back-to-Back-Houses waren die englischen Billigunterkuenfte zur Zeit der Industrialisierung. Es sind Haeuser, die direkt aneinander gebaut sind, nur durch eine Backsteinwand getrennt und doch komplett seperat. Also gibt es einen Eingang zur Strasse (den ihr auf dem Foto unten sehen koennt), und das zweite Haus schaut auf den Hinterhof, wo auch die Toiletten sind. Man kann die Haueser nur mit Fuehrung betreten, aber das machte es noch interessanter, denn an der Fuehrung nahmen Leute Teil, die selbst in diesen Haeuschen gewohnt hatten und von ihrem Leben dort erzaehlten. Ein Haus war im Stil der Mitte des 19. Jahrhunderts gestaltet, eins war viktorianisch und eins aus den 1930ern. Im letzten, das zur Strasse hinausging, war eine Schneiderwerkstatt aus den 1960ern. Die Raeume waren ca 3,5 mal 6 Meter lang, es gab drei Stockwerke und einen Kohlenkeller. Anfangs war noch irgendwo der Arbeitsplatz des Vaters untergebracht. Abfluesse und fliessend Wasser, sowie Strom, gab es erst in den 1930ern - man wollte, das die Kriegshelden gut nach Hause kommen. Unten war die Kueche mit einem riesigen Tisch, die oberen Raeume waren mit Betten ausgefuellt - in den Hauesern lebten Familien mit 10 Kindern, die dann auch noch untervermieteten! Es war extrem eng. Und doch waren die Haeuser bis in die 1960er hinein bewohnt, auch wenn es damals schon seit ueber 100 Jahren verboten war, neue derartige Haeuser zu bauen.
Nach einem interessasnten Nachmittag hatte ich noch anderthalb Stunden, die ich mit dem verbrachte, was man in Birmingham wirklich gut kann- ausgedehntes Window-Shopping. Es gibt ein riesiges Stadtzentrum mit Einkaufszentrum. Laut meinem Reisefuehre ist Selfridges (Foto) das architektionsiche Highlight. Es steht uebrigens neben einer alten Kirche. Zunaechst leistete ich mir allerdings einen Kaffee. Der erste ordentliche Kaffee seit Ewigkeiten! Toll! Kaffeesuechtige, die seit Monaten Instantkaffee trinken, werden mich verstehen. Um sechs begab ich mich dann zum Busbahnhof, wo unser Bus um sieben, mit einer halben Stunde Verspaetung, abfuhr.
Am Freitag versuchte ich wieder zu lernen und war abends mit ein paar Maedels weg. Samstag Morgen sah ich aus dem Fenster, sah Sonnenschein und beschloss, nach Glastonbury zu fahren. Glastonbury, auch bekannt als die "Island of Avalon", ist bekannt fuer sein Musikfestival, und fuer seine Hippies. Der ganze Kult dort rankt sich darum, dass angeblich Jesus persoenlich mal dort vorbei geschaut hat (was noch nicht mal so weit hergeholt ist, denn die Roemer waren dort stark praesent, und Jesus hatte reiche Kaufleute in seiner Verwandtschaft), und das einer seiner Verwandten den heiligen Gral dort hingebracht hat. Auch soll dort angeblich King Arthur zusammen mit seiner Koenigin Guinivere begraben liegen. Im 12. Jahrhundert fand man wirklich zwei Skelette dort, die man als die beiden identifizierte, doch man weiss nicht, ob die nach einem Feuer ziemlich heruntergekommene Abtei einfach nur neue Einnahmequellen suchte. Schliesslich gibt es noch Glastonbury Tor, einen Huegel, der aussieht als wuerde er aus Stufen bestehen, der ein Platz fuer tanzende Elfen sein soll.
Esotheriker/Hippie/Elfenfreund/Magier braucht. Ich begann damit, mir die Abtei anzuschauen, oder was noch davon uebrig ist. Fuer mittelalterliche Klosterorganisation fragt bitte Matze oder lest gleich sein Lieblingsbuch, Die Saeulen der Erde.
Der oeffentliche Nahverkehr brauchte 1,5 Stunden, um mich dorthin zu bringen. Vor Ort stellte ich dann fest, das es ein ganz normales und nicht besonders schoenes englisches Dorf ist, doch die ganze High Street lang ziehen sich laeden, mit allem was derfalls von Heinrich VIII aufgeloest und verfiel danach, man sieht nur noch die Reste der Ruinen auf der Wiese stehen. Das ist jedoch ausgesprochen malerisch. Und es war nicht nur eine der aeltesten Kirchen Englands, sondern auch eine sehr grosse (Foto oben), einst ein Wallfahrtsort mit vielen Reliquien. Man sieht, wo Arthurs Grab war. Vom Kloster sind nur noch Fundamente uebrig (auf dem Foto sieht man reste des Kreuzgangs), das einzige Gebaeude, das noch steht, ist die Kueche des Abts. Und man findet noch die Plantage mit den Apfelbaeumen fuer den Cider.
Danach besorgte ich mir Sonnencreme und lief hinauf zum Glastonbury Tor (Foto). "Tor" ist anscheinded keltisch fuer Huegel. Auf diesem Huegel, dessen aussergewoehnliche Form ein geologisches Phaenomen ist, steht noch ein einziger verbleibender Kirchturm aus dem Mittelalter. Ich stieg wieder hinab und landete and der Chalice Well, einer Quelle mit Heilwasser (Foto) in einem schoen anglegten Garten, in dem ich eine Weile Pause machte. Ich planschte mit meinen Fuessen ein bisschen im (sehr kalten) Heilwasser im dafuer angelegten Becken, denn es war heiss, fuellte meine Trinkflasche auf und freute mich ueber die Blumen und Baeume. Es sah esotherisch aus, aber schoen. Ich fuehlte mich friedlich.
Danach schaute ich mir kurz ein Museum ueber Landleben an, und lief zurueck ins Stadtzentrum. Da ich den Bus knapp verpasst hatte, hatte ich noch etwas Zeit um mich umzuschauen. Die Geschaefte boten ihre Buecher ueber die Mysterien von Glastonbury und Avalon, ihr Zauberzubehoer, ihre Mittelalterlichen Kleider, Duftkerzen und Elfenkostueme an. Auch massig kleine Elfenfiguren gab es (eine davon war maennlich, nackt und sein bestes Stueck war ziemlich lang), Bilder (mit einer Frau, die aussah wie Klara), Kristalle, Meditationszubehoer und alle moeglichen alternativen Therapien. Ich fuehlte mich an eine Stunde in der Massage Soc erinnert, als wir Reiki hatten und Sebastian und ich uns nicht ansahen, um nicht loszulachen (Reiki ist Heilung durch Energiefelder, aber man muss aufpassen, weil das Hunde suechtig und Pflanzen zu gross macht). Um zwanzig vor sechs befoerderte mich ein Bus aus dem Hippiedorf hinaus, und ich schwebte auf meiner Wolke aus Frieden und Duftkerzengeruch nach Hause.

1 Comments:

Blogger Luisa said...

Ach, wie ich das mit den ekligen englischen Eiern unterschreiben muss...die sind echt wiederlich, es geht gerade noch wenn man das Fondue mit dem Finger raushebt, und in eine Serviette schmiert...
Auch paket mit Goodies haben will!
Kann ich deine Omi borgen?

8:10 AM  

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