Wednesday, June 27, 2007

Abschiedsblog

So, das wars jetzt. Der Wills Tower ist von seinem Geruest befreit (als wir hier ankamen, war er voellig eingepackt) und das Jahr ist zu Ende. Zu Hause wartet mein Gepaeck und der Putzeimer auf mich. Gerade habe ich Heidi in den Bus zum Flughafen gesetzt. Alle anderen Abschiede habe ich trocken ueberstanden, doch diesmal musste ich heulen und hab mich immer noch nicht ganz beruhigt. Aber das gehoert halt auch dazu zum Erasmusjahr.
Doch jetzt zu meiner Woche. Freitag Nachmittag schaffte ich es endlich, mir das Commonwealth-Museum am Bahnhof anzuschauen. Und das war gross und halbwegs interessant, nur konnte ich mich nicht so recht konzentrieren. Es gab auch eine grosse Sonderausstellung zum Thema Sklaverei - Bristol hat ja viel Geld mit dem Sklavenhandel verdient und macht deswegen jetzt anscheinend besonders viele Aktionen zum 200-jaehrigen Jubliaeum der Abschaffung der Sklaverei. Freitag abend ging ich mit Martina einen Coctail trinken und saugte nochmal die Athmosphaere in einem englischen Pub am Freitag auf - wozu auch Limosinen mit schreienden Briten auf der Strasse gehoert (Foto). Samstag war wieder organisieren angesagt, und abends ein letztes mal weggehen. War aber mal wieder nicht so toll. Sonntag Mittag kam Jule zu Besuch. Sie war seit Januar als Erasmusstudentin in Bangor in Nordwales, das anscheinend ein Dorf mit angegliederter Uni ist. Sie war sehr fasziniert von einer Stadt: Haeuser, Autos, Menschen... Ich lief mit ihr den ueblichen Touristenweg nach Clifton ab, auch am Student's Union Building (Foto) vorbei. Unterwegs stellten wir fest, das unsere deutsche Ausdrucksfaehigkeit gelitten hat: "Schau mal, da ist nearly blau Himmel!" Leider beschloss das Wetter, sich besonders englisch zu geben und wir wurden Klatschnass. Wir fluechteten in ein Cafe, wo wir Hendrik, ebenfalls Erasmusstudent und Klischee Jurist, trafen, der das selbe tat. Als der Regen nicht aufhoerte, trotzdem wir ihm und liefen eisern ueber die Clifton Suspension Bridge. Dann ging es nach Hause, umziehen und in den Pub. Es wurde allerdings nicht ganz so spaet, denn am naechsten Morgen um 6 brachte ich Jule zum Bus, der sie zu ihrer Mitfahrgelegenheit bringen sollte. Es war schoen, sie mal wiederzusehen.
Spaeter am Montag beschlossen Heidi und ich, einen letzten Ausflug zu machen. Es sollte in eine nette kleine Stadt namens Chepstow an der walisischen Grenze gehen. Gegen 12 fuhren wir mit dem Zug bei Bristol Temple Meads (Foto) los. In Newport mussten wir umsteigen. Leider verstanden wir nicht so ganz, wo der Anschlusszug abfahren sollte, mit dem Resultat das er uns vor der Nase wegfuhr. Nicht so schlimm, dachten wir, in einer Stunde faehrt der naechste Zug, gehen wir halt was essen. Wir schauten uns die Innenstadt von Newport an, die nicht ganz so haesslich war, wie es vom Zug aus aussah, und assen Fish and Chips. Eine Stunde spaeter ging es zurueck zum Bahnhof. Wir hatten 10 Minuten Zeit und gingen nochmal aufs Klo. Leider musste man dort etwas warten. Als wir aufs Gleis hetzten, schloss der Zug gerade seine Tueren und der Schaffner bat uns, zurueckzutreten. "The next one is at 15.24, I'm afraid." Wir passten nicht so richtig auf, liefen aber zum Busbahnhof und checkten wann der naechste Bus fuhr. Da er ueber eine Stunde brauchen sollte, dachten wir: ok, wir nehmen den Zug. Wir kauften uns Kaffee (der froehlich auf meine Hose tropfte...) und warteten. Doch als wir zum Bahnhof kamen (diesmal 20 Minuten zu frueh) stellten wir fest, dass der naechste Zug erst eine Stunde spaeter fuhr. Als wir den Bahnhof das dritte mal verliessen, grinste der Mensch am Tor. Wir gingen ins Museum (das zusammen mit der Buecherei und der Kunstgalerie in einem Gebaeude war). Wir konnten uns allerdings nicht so richtig konzentrieren. Heidi war sauer. Sie beschloss, fuer den Schaffner keine Gefaengnisstrafe wegen Mordes verbuessen zu wollen, und dachte sich deshalb Foltermethoden fuer in aus, nach dem Motto "slowly and painfully". Unter anderem ueberlegte sie, ob sie die Ausgestellte Steinzeit-Axt nicht einsetzen sollte. Aber sie dachte auch daran, ihn mit Nadeln unter den Fingernaegeln zu piksen und ihn nackt auf einem Eisberg auszusetzen und ihm 20 mal "Crazy" von Britney Spears vorzuspielen. Das Museum und die Kunstgalerie waren nicht besonders interessant. Ein bisschen Roemer, etwas Mittelalter, ein paar Bilder vom Ort und etwas modernes. Und eine merkwuerdige Elektro-Installation. In dieser Zeit hatten wir wohl alles gesehen, was es in Newport zu sehen gab.
Wir machten uns zum dritten und letzten mal auf den Rueckweg zum Bahnhof. Der Mensch am Tor wuenschte uns viel Glueck. Wir waren circa 20 Minuten zu frueh und sassen aum Gleis. Heidi dachte weiter an Folter. Das Maedchen neben uns begann ploetzlich zu lachen, und ich habe den Verdacht, dass das nicht mit ihrem Buch zusammenhing. Der Schaffner tauchte auf, und Heidi schwang drohend ihren Regenschirm. Diesmal schafften wir es, den Zug zu kriegen. Ich bot Heidi an, Musik zu spielen und fragte was sie hoeren wolle. Die Antwort war "Killers".
Nach weiteren 20 Minuten kamen wir in Chepstow an, und die Sonne kam heraus. Es war wirklich nett in Chepstow: eine kleine Stadt mit Burgruine und Fluss. Es waere schoen gewesen, Zeit zum Burg besichtigen und spazierengehen zu haben. Aber nach den 3 Stunden in Newport hatten wir leider nur anderthalb Stunden ueberig. So joggten wir mehr oder weniger durch den Ort, dachten "Schoen hier", ueberquerten eine Bruecke und liefen auf die Art von Wales nach England und zurueck, schauten Baeume, Tal und ein als Lagerhaus genutztes Loch von weitem an und nahmen den naechsten Zug zurueck in Richtung Bristol. Dort sagte uns die Kontrolleurin, das wir an einem anderen Bahnhof als Newport umsteigen koennten, die Verbindung waere besser.
In Bristol rannte ich nach hause, ass etwas und rannte weiter zu Martina zum Fotos tauschen. Es war ihr letzter Abend. Sie hatte gepackt, geputzt und hatte ein wenig Zeit. Mal wieder Zeit zum Verabschieden. Ausklingen liess ich den Abend im Computercenter.
Dienstag war dann ebenfalls Stress. Morgens putzten wir die Kueche: Heidi die Moebel, ich die Waende (Foto). Eklig. Dann brachte ich noch ein Paket zur Post, und am Nachmittag trafen wir uns mit Claire und Clotilde, um in der Boston Tea Party Kaffee zu trinken. Ich war 10 Minuten zu spaet und die erste. Es war ein lustiger Nachmittag. Am Abend gingen wir mit Wajdi essen. Wir gingen zu Italiener um die Ecke. Auch das war ein schoener Ausklang. Wajdi bezahlte uns einen Nachtisch - und haette damit fast den "Suessigkeitenkrieg", der zwischen Heidi und ihm tobt, gewonnen. Die beiden schenken sich seit Wochen gegenseitig Suessigkeiten, damit sie selbst nicht so viel essen. Doch Heidi schenkte ihm heute morgen einen Keks. Ich brannte Heidi noch eine CD mit vielen Fotos von diesem Jahr, und dann ging ich schlafen.
Heute morgen gegen 10 kam dann der Moment, vor dem ich Angst gehabt hatte: Abschied von Heidi. Aber das ist jetzt auch vorbei.
Morgen werde ich mir wohl in aller Fruehe ein Taxi mit Wajdi teilen und mit ihm zum Flughafen fahren. Sein Flug geht um 7.00 am Bristol International Airport ab, meiner um 8.00. Vijay ist allein in der Wohnung. Hoffentlich verwuestet er sie nicht.
Insgesamt glaube ich, das Jahr hat sich gelohnt. Es gab zwar Schattenseiten, doch auch viel Gutes. Ich habe interessante, nette Menschen kennengelernt, viel von Britain gesehen, bin dankbar kein englischer Jurist werden zu muessen, habe festgestellt das ich Europarecht gerne mag, und hoffe, dass ich auch einiges fuer mich persoenlich mitgenommen habe. Nicht zuletzt Selbstbewusstsein.

Friday, June 22, 2007

Kleine Abschiede

So, nach dem Monster-Eintrag von gestern kommt nun der Rest. Ich habe aufgehoert beim Konzert der Bloody Foreigners. Am Flughafen hatten wir einen Bus erwischt, der uns direkt vor unsere Haustuer fuhr. Ich stolperte also in unsere Wohnung, zog mich kurz um und ging zu diesem Konzert, dass gluecklicherweise in einer Kneipe an der Harbourside, also in meiner Naehe, stattfand. Heidi wollte nicht mit. Obwohl das Konzert mangels Soundcheck nicht so toll war, hat es sich gelohnt, nochmal hinzugehen und sich von einigen Leuten zu verabschieden. Am naechsten Tag war ich allerdings sehr muede. So muede, das ich nicht viel machte.
Samstag abend schaffte ich es endlich mal zum Coronation Temp in Clifton, um dort den Cider zu probieren. Danach war noch die Lizard-Lounge angesagt, schliesslich war es Elises letzter Samstag. Sonntag wollte ich eigentlich auch etwas machen - ich war etwas verplant und hatte ploetzlich drei Termine zur gleichen Zeit - aber ich begann mich immer schlechter zu fuehlen. Den Abend verbrachte ich mit Fieber und Halsschmerzen im Bett. Da ich am naechsten Morgen immer noch nicht schlucken konnte, ging ich zum Students Health Service, wo mir mal wieder Paracetamol als einzig taugliches Medikament nahegelegt wurde. Als ob ich das nicht sowieso genommen haette. Also dopte ich mich weiter mit Schmerzmitteln und verbrachte den Nachmittag im Bett. Abends war das Fieber weg und mir ging es gut genug, um an Hannes Farewell-BBQ teilzunehmen. Das fand in einem privaten, das heisst abschliessbaren, Garten mitten zwischen den herrschaftlichen Haeusern von Clifton statt. Also wir ueber eine Stunde zu spaet die Prozession der orangenen Sainsbury-Tueten in den Garten einleiteten, war allerdings noch niemand ausser Hannes und Sophie da. Als versucht wurde, den Grill anzumachen, stellte sich heraus, das Hannes kein Feuerzeug hatte. So warteten die Leute mit Fleisch, die sich nach und nach vermehrten, auf die Ankunft des ersten Rauchers. Schliesslich brannte der Grill (allerdings nicht lange, zu wenig Kohle) und das letzte grosse Erasmus-Event war im Gange. Es war nett, doch am Ende musste man sich wieder verabschieden. In diesem Fall von den franzoesichen Juristinnen und Hannes. Und spaeter noch Normann, den ich auf der Strasse traf. Mit ihm hatte ich nicht so viel zu tun, aber aus irgendwelchen Gruenden nahm mich das am meisten mit.
Am naechsten Tag ging es mir wieder relativ gut, und ich begann ernsthaft die Abreise zu organisieren. Rechnungen bezahlen, hinter Unterschriften herlaufen, Kartons suchen... es gibt immer was zu tun. Am Abend waren Heidi und ich mit unseren Lieblingsnachbarn, Sophie und Camille, in einer der aeltesten Kneipen Bristols, dem Old Duke. Wir sassen draussen, tranken den merkwuerdigen Cider aus dem Cheddar Valley, und hoerten im Hintergrund die Leute, die am open mic ihr "bestes" gaben. Ein schoener Abend, der gegen 2.00 in der Nachbarskueche ausklang. Problem: am naechsten morgen mussten wir um 6.00 aufstehen, denn Heidi und ich fuhren nach London.
Da es nicht mein erster Besuch war, blieben wir diesmal von den gaengigen Attraktionen fern, schauten blos die National Galleries an. Dann fuhren wir nach Camden-Town und schlenderten ueber den Markt. Camden Town sieht heruntergekommener, aber bunter als Londons direktes Zentrum aus. Den Nachmittag verbrachten wir im Britisch Museum, wo ich mir ausser einer Japan-Ausstellung nochmal die Assyrer-Fresken anschaute. Dann fuhren wir zum Notting-Hill Gate und gingen dort spazieren. Ich weiss ja, dass dieser Stadtteil in den letzten Jahren ziemlich entwickelt worden ist, aber man sieht es ihm auch so an: auf der einen Seite gibt es die eleganten, neuen Stadthaeuser, doch ab und an sieht man doch noch die alten, heruntergekommenen Haeuschen und haesslichen Hochhaeuser. Und dann war es wieder Zeit, zurueck nach Bristol zu fahren.
Auch den Donnerstag verbrachte ich mit herumlaufen und organisieren. Langsam stellt sich das Gefuehl ein: wenn das doch blos alles vorbei waere und ich im Flieger sitzen wuerde. Aber ich werde jetzt erstmal versuchen, das letzte Wochenende hier zu geniessen.

Thursday, June 21, 2007

Dublin

Ich weiss, ich weiss, der letzte Eintrag ist ne Weile her... zu meiner Verteidigung kann ich eigentlich nur sagen, dass ich mal wieder etwas krank war und deshalb nicht die noetige Konzentration aufbringen konnte, zu schreiben. Deshalb werde ich diesen Eintrag "splitten", damit es nicht zu viel fuer euch (und mich) wird.
Am besten ich beginne beim vorletzten Wochenende. Das bestand aus ein paar nicht besonders tollen letzten Partys mit Geline. Am Freitag gab es eine eher langweilige Hausparty. Gegen halb 12 kamen ein paar Gaeste, und bis eins war es wirklich voll. Dann gingen die meisten wieder. Uebrig blieben ein paar Leute aus London, die Diana (die den Abend nach Konsum einiger Substanzen auf dem Klo und schlafend im Bett verbrachte), sehr treffend als die "Gangster-Guys" bezeichnete. Hosen in den Kniekehlen, Sonnenbrille in der Nacht und auf Streit aus. London muss ein schoener Ort zum leben sein, jedenfalls teilweise. Samstag war wieder weggehen angesagt, und wieder war es eher langweilig. Sonntag mussten wir uns dann endgueltig von Geline verabschieden.
Montag Morgen erfuellte ich mir dafuer einen lang gehegten Traum und flog zusammen mit Heidi nach Irland. Innerhalb von 45 Minuten waren wir am Flughafen von Dublin, und nochmal eine halbe Stunde spaeter in der Innenstadt. Nach ein bisschen suchen fanden wir auch unser eher durchschnittliches Hostel in der Lower Gardiner Street, einer Strasse, die nur aus Hostels (und einem Forschungszentrum fuer Menengitis) zu bestehen scheint. In unserem Hostel trafen wir auch die beiden anderen Erasmusstudenten, die schon mit uns im Flugzeug gesessen hatten. Damit sahen wir sie aber auch zum letzten Mal in unserer 4-taegigen Reise. Nachdem wir unser Gepaeck abgestellt hatten, liefen wir ins Stadtzentrum. Dazu ueberquerten wir den River Liffey auf einer der zahlreichen Bruecken. Auf dem Foto ist uebrigens ein altes Finanzgebaeude am Ufer des Liffey. Unser erster Weg fuehrte zur Touristeninformation, wo wir einen Ausflug in die Landschaft fuer den naechsten Tag buchten. Nach einigem hin- und her entschieden wir uns fuer die Wicklow Mountains im Sueden von Dublin, anstelle zum historisch interessanteren Hill of Tara zu fahren. Danach begannen wir unsere Museums-Tour mit der Gemaeldegallerie. Die Bilder dort waren eher alt (es gab einen Vermeer fuer mich!), und zum Teil recht interessant. Der beste Teil der Ausstellung war allerdings eine Sammlung von Portraits von Menschen, die die Geschichte Irlands entscheidend gepraegt hatten, mit kurzen Erlaeuterungen. Die Yeats (ein Literaturnobelpreistraeger und sein Maler-Bruder), Mary Robinson (ehemalige Praesidentin und jetzt UN-High Commissioner for Human Rights), Bono (der Spitzname kommt uebrigens von lateinisch bono vocis oder so, also gute Stimme) ... viele Bilder, viele Namen. Um fuenf schloss das Museum und wir begannen einen sehr langen Spaziergang. Wir liefen durch die Fussgaengerzone, bogen in die in Ulysses verwigte Nassau Street ein, gingen in einen Park. Dort beschlossen wir, zur Guiness Brauerei zu laufen. Leider stellten wir an der St Patricks Cathedral (Foto) fest, das unser Stadtplan eine Katastrophe war. Die Strassen aenderten ihren Namen, nur leider war das nicht im Stadtplan vermerkt. Wir schaetzten uns durch die Gegend, bis wir voellig verwirrt waren und eine Eingeborene um Hilfe baten. Diese erklaerte uns, das wir tatsaechlich richtig gelaufen seien, und (nachdem sie sich Heidis Brille zum sehen ausgeliehen hatte), das der Stadtplan wirklich schlecht sei. Dann schickte sie uns in die richtige Richtung und meinte, dass wir die Brauerei wegen dem Geruch nicht verpassen koennten. Die Guiness-Brauerei (Foto) ist ein Riesenkomplex! Man sieht riesige Zylinder, in denen das Bier gaehrt. Allerdings beschlossen wir, die Brauerei nicht zu besichtigen. Sie hatte eh zu, als wir da waren. Wir liefen zurueck ins Stadtzentrum, assen etwas und liefen danach am Liffey entlang zum Hafen. Der Weg lohnte sich: Dublin hat ein paar schoene Seiten dort. Die Stadt hat ein paar huebsche alte Haeuser, teils gregorianisch, teils erinnern sie an Liverpool, und einige haessliche Neubauten. Ganz so schoen ist die Hauptstadt von Irland nicht. Und auch nicht ganz so gross, aber dennoch wohnen von den 4,5 Millionen Iren 2,5 in Dublin. Gegen elf kamen wir wieder in unserem Hostel an. Eigentlich wollten wir schlafen, aber gegen Mitternacht kamen ein paar Kanadier mit Jetlag an und unterhielten sich mit einer englischen Frau, die grundsaetzlich alles wusste und etwas anstrengend war. Ausserdem war es heiss. Ich schlief nicht gut.Am naechsten Morgen standen wir frueh auf, denn unsere Tour in die Wicklow Mountains stand an. Eigentlich wollte ich die Irische Landschaft sehen, seit ich ungefaehr 10 war und meine Eltern bei einem Urlaub in Oestrereich bei einem besonders schoenen Stueck Landschaft sagten "Das sieht ja aus wie in Irland hier". Zunaechst mussten wir aber unseren Bus finden. Leider war das Unternehmen nicht besonders gut organisiert, doch letztendlich landeten wir in einem schwarzen Minibus, der uns durch die Gegend fuhr. Richtig schoen touristisch mit Fotostops. Doch die lohnten sich, denn die Landschaft war schoen. Huegel, Felsen, Seen, Wasserfaelle,Torf, die Quelle des Liffey, die Landschaft wo Braveheart gedreht wurde: wie man es sich vorstellt. Wir hielten unter anderem an einem See, der Loch Guiness genannt wird weil er dunkel ist (Foto), in Bergen, in einem Dorf zum Essen. Der laengste Stop war im Kloster Glendalough, gegruendet von St Kevin. Viel ist von dem Kloster allerdings nicht mehr da: ein Wachturm ohne Fundament (denn die Kloester wurden mit schoener regelmaessigkeit ueberfallen, und um das Gelaende herum muessen noch viele zum Schutz vergrabene Schaetze liegen, die Ruine einer Kirche und ein Friedhof. Wusstet ihr, dass der Kreis im typisch irischen Kreuz auf die Missionare zurueckgeht, die das Symbol des Sonnengottes mit dem des christlichen Gottes kombinierten, um die Umstellung leichter zu machen?
Vom Kloster aus ueberquerten wir eine Bruecke, wo jemand auf der Floete eine irische Melodie spielte, und liefen weiter durch den Wald zu ein paar tollen Seen. Dann fuhren wir weiter durch die Berge, vorbei an einer weiteren Filmkulisse, durch ein Dorf und zu einem gefluteten Tal. Der riesige kuenstliche See ist Dublins Trinkwasser-Reservoir. Unter der Oberflaeche steht noch ein komplettes Dorf, das frueher in diesem Tal war. Man sagt, das der Geist einer alten Frau, der letzten Einwohnerin des Dorfes, noch umgeht und Schwimmer unter Wasser zieht. Da schwimmen aber verboten ist, wird man wahrscheinlich vorher von Ordnungskraeften, der Garda, aus dem Wasser gezogen. Gegen fuenf kamen wir zurueck nach Dublin. Den Abend verbrachten wir in einer Kneipe, wo wir irischer Folkmusik zuhoerten, inneririschne Touristen beim Riverdance zusahen und irische Getraenke probierten: ich Guiness, Heidi Baileys.
Am naechsten Tag (an dem das Wetter uebrigens ziemlich schlecht war) gaben wir uns die Kultur-Tortur. Wir begannen mit dem Stadtschloss, das immernoch als Regierungsgebaeude genutzt wird (Foto von der Rueckseite). Ein junger, dynamischer, gutaussehender (und hoechstwahrscheinlich schwuler) Ire gabe uns eine tolle Fuehrung. Die Raeume waren nicht ganz so interessant, eben Saele und Nebenzimmer in einem Schloss, aber was er erzaehlte war es. Wir lernten, das jeder Praesident in Irland sich ein Wappen erstellen laesst, das am Ende seiner Amtszeit im Schloss aufgehangen wird. Er erzaehlte vom Beginn des irischen Civil War. Er erzaehlte vom "Ausgangspunkt", dem Easter Rising 1916, nachdem die Stadt ziemlich in Truemmern lag. Es war nicht der erste Aufstand gegen die englische Herrschaft, doch er wurde nach einer Woche von Kaempfen besonders brutal niedergeschlagen, da die Englaender den Aufstand waehrend des Weltkrieges als Aergernis empfanden. Die Koepfe der Bewegung wurden, gegen gaengige Praxis, hingerichtet, was sie zu Martyrern machte. Besonders die Hinrichtung von Conolly, der nicht mehr laufen konnte, wurde schlecht aufgenommen. Zwei entkamen uebrigens der Hinrichtung: eine Frau, eben weil sie weiblich war, und ein zukuenftiger Praesident, weil er die amerikanische Staatsbuergerschaft hatte. Aber der Fuehrer erzahelte auch von Spiegeln unter tischen, mit denen man seine zahlreichen Unterroecke ordnen konnte, und kleinen Holzstanedern, die frau vor dem Kamin brauchte, um ihr auf Wax basierendes Makeup vom schmelzen abzuhalten. Wir sahen auch den Tronsaal und den Saal wo sich der Order of St Patrick (das irische Equivaltent zum Hosenbandorden) trafen. Wir sahen auch die Fundamente eines Turmes des urspruenglichen Schlosses. Dann liefen Heidi und ich weiter zur City Hall und informierten uns im Museum im Keller weiter ueber Dublins Stadtgeschichte. Der naehste Stop nach dem Mittagessen war dann die National Gallerie of Archeology (Foto). Dort sah man einige sehr interessante Schmuckstuecke, unter anderem kleine goldene Dosen, die mal als Ohrschmuck dienten. Die keltischen Schaetze waren beeidruckend, doch ich hatte gehofft, mehr ueber keltische Kultur zu erfahren und wurde enttaeuscht. Danach liefen wir im stroemenden Regen durch das gregorianische Dublin mit seinen beruehmten vielfarbigen Tueren, die dazu dienten, das die Maenner wenn sie abends aus der Kneipe kamen den Weg in das richtige Haus fanden (Foto von Oscar Wildes Haus). Die Haeuser sahen allerdings nicht wesentlich besser aus als die im Industrieviertel bei Guiness. Sie waren auch nicht besonders gross, wie wir bemerkten, als wir eines besichtigten. Jedenfalls hatten sie nicht besonders viel Grundflaeche, dafuer aber vier Stockwerke: Der Keller, wo gearbeitet wurde (und das Wasser mit alter Kohle gefiltert wurde), im Erdgeschoss gab es ein Esszimmer, im ersten Stock ein Zimmer fuer Stehempfaenge zum angeben und moeglichkeit zum aufhalten, im zweiten Stock waren Schlafzimmer und das private Zimmer der Dame des Hauses, und unterm Dach wohnten die Kinder mit Gouvernante.
Als wir das Haus verliessen, regnete es nicht mehr. Wir sahen Oscar Wildes Wohnsitz und seine Statue im Park, und liefen zurueck zur Buecherei, um eine Yeats-Ausstellung anzuschauen. Das wollte wohl auch Jeremy Irons, jedenfalls behauptet Heidi, ihn gesehen zu haben. Aber er und wir hatten Pech: die Ausstellung war zu. Inzwischen war die Sonne herausgekommen. Da ich Heidi nicht noch einen Abend mit einer Kneipe foltern wollte, gingen wir ins Kino und schauten Zodiac (ich weiss, nicht irisch; aber besser als "Das Leben der Anderen" auf Deutsch mit enlischen Untertiteln, oder?).
Unseren letzten Tag starteten wir mit einem Besuch beim Book of the Kells in der Uni von Dublin (Foto vom Campus). Die Universitaet ist echt beeindruckend gross. Und das Buch, eine mittelalterliche Bibel auf 185 Kalbshaeuten mit wunderschoenem Dekor, das man heute als typisch irisch einstufen wuerde, war sehr beeidruckend. Um das Buch herum war eine Ausstellung ueber Buecher im Mittelalter, Schrift und Zeichnungen. Es war eines der schoensten Museen in Dublin. Ueber dieser Ausstellung konnte man sich noch die alte Bibliothek anschauen, in der "Werbeposter" fuer den ersten Weltkrieg ausgestellt waren. Danach schauten wir uns endlich die ebenfalls gut gemachte Yeats Ausstellung an, assen etwas und machten uns auf den langen und regnerischen Weg zum Museum fuer Geschichte und Design. Dort gab es mal wieder alles: Kleider, Moebel, das Leben der irischen Designerin Eileen Gray, ein paar "Schaetze". Interessant ist, das das, was wir heute als "irisches Design" anerkennen, auf die Rueckbesinnung auf die irische Identitaet im 18. Jahrhundert zurueckgeht und von den Zeichnungen im Book of the Kells inspiriert ist.
Leider waren wir nicht mehr besonders aufnahmefaehig. Wir liefen noch ein bisschen durchs schlechte Wetter von Dublin, um dann schliesslich gegen 6 zum Flughafen zu fahren. Es war gut, das wir frueh losfuhren, denn wir standen in Dublis "Car Park", der M1. Dann hatte auch noch das Flugzeug etwas Verspaetung. Dennoch kamen wir relativ puenktlich in Bristol an - was gut war, denn so konnte ich noch auf das Abschiedskonzert der "Bloody Foreigners", unserer Erasmus-Band, gehen. Wie es war? Das kommt im naechsten Blogeintrag.

Thursday, June 07, 2007

Devon und noch mehr Arbeit

Es ist vorbei!
Heute habe ich endlich die letzte Klausur geschrieben. Keine Ahnung wie es gelaufen ist, aber jemand meinte, es sei leicht zu bestehen, wenn man nur irgendwas zum Thema schreibt. Und das habe ich getan. Das heisst, endlich hat das lernen ein Ende. Die letzten anderthalb Wochen waren dem Europarecht und den Menschenrechten gewidmet. Unterbrochen wurden diese tristen Veranstaltungen durch nicht besonders viel. Einen Abend war ich mit ein paar Freundinnen in der Kneipe, und Luisa feierte ihren Abschied mit gaanz viel internationalem Essen und ihrem Freund, der fuer uns alle Gitarre spielte. Letzten Sonntag verlies sie dann England.
Am Samstag war ich in Devon. Ich wollte ja schon lange das Dartmoor sehen, aber das ist furchtbar schwer zu ereichen. Da war es gut, dass das international office einen Bustrip nach Castle Drogo, das am Rand von Dartmoor liegt, und nach Exeter anbot. Das nahm ich natuerlich wahr.
So bestiegen wir einen wirklich kleinen Bus, der uns zu diesen Zielen bringen sollte. Unterwegs las ich natuerlich Europarecht....und fand heraus, warum der Bus so klein war: die Strasse, die von dem Bilderbuchdoerfchen zum Schloss hochfuehrte war mehr als eng. Ein paar mal musste uns der Gegenverkehr rueckwaerts ausweichen und in eine Luecke in der Hecke am Strassenrand fluechten.
Naja, und ich fragte mich: was macht man als reicher Industrieller in den 1910ner und 1920er Jahren, wenn man nicht weiss wohin mit seinem Geld? Natuerlich, man baut sich ein Schloss! So entstand Castle Drogo (benannt nach einem normannischen Urahn des besagten Kaufmannes, Julius Drewe), dass letzte in England gebaute Schloss. Von aussen ist es wie ihr sehen koennt nicht besonders schoen, aber von innen ist es ein schoenes englisches grosses Landhaus. Wir waren beeindruckt von der relativen Menge an Wohnzimmern. Natuerlich sahen wir auch die Dienstbotenraeume (mit dem Foto des Babys der Koechen, das ungefaehr so breit wie hoch war) und der sorgfaeltig designten Kueche. Dort lag auch ein Kochbuch, das beschrieb wie man am besten Eichhoernchen zubereitet. Alles in allem war das Schloss von innen wirklich schoen, aber das beste war der Ausblick ueber die mit Baeumen bewachsene Schlucht neben dem Schloss. Nachdem wir durch das Haus gelaufen waren, liefen wir ein Stueck an der Schlucht entlang und genossen den Blick. Danach schauten wir uns den Garten an. Ein Teil davon war geplanter Garten mit Blumen und getrimmten Hecken, aber es gab auch eine riesige runde Crocket-Wiese, die von Hecken gesaeumt war, eine Huette fuer die Kinder und ein groesseres Sommerhaus (mit Plumsklo).
Um eins trafen wir uns mit den "Veranstalterinnen", um die Schlucht hinunter zum Fluss zu laufen. Das war ein schoener, aber ziemlich steiler Weg. Die schlucht wird uebrigens regelmaessig gerodet und von Dartmoor Ponies in Schuss gehalten, aber leider scheinen diese Wildponies nur im Winter dort zu sein. Das Foto oben zeigt das Panorama, das wir zu sehen bekamen. Hinten, unter der Wolke, ist das Dartmoor. Wenigsten habe ich es von weitem gesehen. Der Weg dauerte laenger als geplant. Wir beeilten uns ziemlich, und kamen trotzdem eine Viertelstunde zu spaet an. Und wir haetten uns noch nichtmal so beeilen muessen, denn der Rest war noch langsamer. Eine kleine Gruppe verlief sich auch noch. Eine Stunde spaeter als geplant fuhren wir nach Exeter. Nur konnten wir diese Stunde nicht laenger bleiben. Exeter ist eine schoene englische Stadt, in der es nicht ganz so viel zu tun gibt, aber 2 Stunden anstatt von einer dort waeren doch nett gewesen. Wir liefen an der Kathedrale vorbei (in der irgendwas hochoffizielles passierte, jedenfalls wurde sie vom Militaer gesichert und jemand mit Peruecke marschierte dort ein), und dann einmal an der alten Stadtmauer entlang, vor bei diversen Resten von Toren, Bruecken, und am "The house that moved" (das heisst, es wurde um 100 m versetzt, Foto). Gegen sieben erreichten wir wieder Bristol.
Montag war dann die Europarecht-Klausur, und, wie gesagt, heute Morgen Human Rights (anmerkung: es nervt wirklich, wenn man mit diversen anderen Gruppen zusammen in einem Raum schreibt und einige weniger Zeit kriegen als man selbst!). Und jetzt hab ich frei. Freu!

Tuesday, May 29, 2007

Klausurenzeit

Ich glaube, es ist mal wieder an der Zeit, mein vernachlaessigtes Blog zu pflegen. In der letzten Zeit habe ich nicht viel geschrieben, weil nicht viel passiert ist und weil ich im Klausurenstress war - wie momentan die meisten Leute hier in Bristol. Wajdi ist fuer seine 12 (!) Klausuren dazu uebergegangen, frueh aufzustehen, als ich aus der Bib kam habe ich heute eine Gruppe von zerknirscht aussehenden Erasmusstudenten getroffen, die sagte das Criminal Law schwer war und Heidi stand heute Mittag beinahe heulend in der Kueche, weil ihre Pruefung ziemlich daneben ging und sie sauer auf sich selbst war.
Ich bin nicht sauer auf mich selbst. Aber ich kann nicht sagen, dass meine beiden Pruefungen, Vertrags- und Deliktsrecht, gut gelaufen waeren. Im Nachhinein ist mir etwas peinlich, was in Vertragsrecht produziert habe, und in Deliktsrecht hab ich einen Aufsatz ueber etwas geschrieben, dass ich beim Lernen uebersprungen hatte - und darueber wusste ich noch das meiste! Doch selbst die Englaender bezeichneten die Aufsaetze als "evil".
Vielleicht sollte ich mal erklaeren, wie die Pruefungen ablaufen. Das ist naemlich sehr formell. Meine Klausuren finden in der grossen Halle im Wills Memorial Building statt. Damit habe ich ziemliches Glueck, denn da alle Klausuren zwischen dem 12 Mai und dem 12 Juni stattfinden, herrscht ziemlicher Raummangel und Leute schreiben im Student's Union Building, aber auch ueber dem Commonwealth Museum und im Fussballstadion. Dafuer werden sogar Shuttlebusse eingerichtet.
Am Tag der Pruefung muss man dann auf einer Liste, die vor dem Raum aushaengt, suchen an welchem Tisch man sitzt. Ich hatte bis jetzt die Nummer 1. Rucksack, Jacke und so weiter muss man am Eingang lassen, an seinem Platz darf man nur haben, was man zum loesen der Klausur braucht. Auf dem Tisch liegt dann ein Heft, in das man seine Antworten schreibt, und das Blatt mit den Aufgaben. Auf dem Deckblatt muss man so Sachen wie Kandidatennummer, Fach, und so weiter angeben. Name und Unterschrift kommen in eine Ecke und werden nach der Klausur versiegelt. Bevor der Klausur bekommt man nochmal die Spielregeln erklaert, und dann gehts los: drei Stunden schreiben. Die Briten muessen 4 Aufgaben loesen, wir drei - jedenfalls in diesen beiden Faechern. Es gibt zwei Aufgabenbereiche, Problem Questions (=Fallloesung) und Essays (=Aufsatz). Jeder Aufgabenbereich muss abgedeckt werden. In den ersten 30 und den letzten 15 Minuten darf keiner den Raum verlassen. Am Ende sammeln die Aufsichtspersonen (einer davon ist der boese Mensch, der die Klausur gestellt hat) die Arbeiten ein und wenn sie alle haben, darf man gehen.
Ansonsten bestehen meine Tage hauptsaechlich aus lernen, und daraus, den Umzug aus England zu organisieren. Natuerlich passiert auch noch was anderes, wie weggehen (Freitag abend hatte ich einen sehr netten abend in der Lizard Lounge, einem Club, und habe danach noch eine englische Tradition probiert: ich habe Chips and Cheese um 3 Uhr morgens gegessen). Und noch ein paar Neuigkeiten:
Das Kuecken aus Cambridge hat uebrigens nicht ueberlebt. Es wollte nicht fressen.
Ich komme am 28.06. zurueck nach Deutschland. Die meisten anderen fliegen auch in diesem Zeitraum.
Ja, mein Erasmus-Jahr ist fast vorbei. Das ist zwar schade, aber ich freue mich auch auf zu hause.

Tuesday, May 15, 2007

Cambridge

Von dieser Woche gibt es mal wieder nicht ganz so viel zu erzaehlen. Ich habe versucht zu lernen, aber die richtige Motivation und somit Konzentration wollte nicht aufkommen. Am Samstag hatte ich allerdings mal einen guten Grund, um mich zu druecken: Ich fuhr mit dem BISC (das heisst mit einer Busladung voll internationaler Studenten und Praktikanten) nach Cambridge (Foto von einer Strasse dort). In der alten Universitaetstadt studierten so Leute wie Isaac Newton, Prince Charles und - na ja - Ali G (ja, Borat hat in Cambridge Geschichte studiert, und zwar am selben College wie Isaac Newton). Insgesamt bringt es die Uni auf 80 Nobelpreise. Cambridge liegt im Osten von England (der im Vergleicht zum Westen, wo ich bin, sehr flach ist) und dementsprechend braucht man lange, um dorthin zu kommen. Wir fuhren um sieben los und waren um kurz nach elf da. Zunaechst machten wir etwas ganz besonderes: Punting. Das ist so was aehnliches wie Gondel fahren, also im Boot sitzen und es mit einem Stock vorwaerts schieben, und wird in Cambridge seit dem Mittelalter gemacht. Wir durften selber an den 5 Meter langen Pole. Das heisst, wir fuhren unter einigen der zahlreichen bekannten Bruecken durch, standen regelmaessig quer auf dem Fluss und kamen uns gegenseitig in den Weg, waehrend die Profi-Punter anmutig an uns vorbei fuhren (Foto: Boote vor Mathematical Bridge). Am Ufer sah man die Colleges, zu denen die Bruecken gehoerten. Wir retteten auch ein Moorhuhn-Kueken vorm ertrinken (Foto) und wurden selber ordentlich nass, denn es begann zu schuetten.
Danach hatten wir ein bisschen Zeit, um uns die Stadt anzuschauen und Mittag zu essen. So bewegten wir uns im Schneckentempo durch die Innenstadt, weil diverse Leute dauernd irgendwelche Fotos machen mussten. Das Kueken sass in Luisas Pulli und wurde langsam wieder lebendig. Jedenfalls schafften wir es dann doch irgendwie uns was zu essen zu besorgen und uns an der Touriinfo zur Stadtfuehrung einzufinden. Wir wurden am aeltesten Gebaeude Cambridges vorbeigeschleust (ein saexischer Kirchturm, der in eine neuere Kirche eingebaut ist), an dem Pub in dem Crigg und Watson die DNA vorstellten, an diversen Colleges (Foto: Eingang von King's College), Kirchen und alten Haeusern und bekamen ein paar Anekdoten erzaehlt. Zum Beispiel lernte ich einen neuen Ausdruck, Hobston's choice, was so viel heisst wie keine Wahl haben. Die meisten Collegen haben zu wegen den Vorbereitungen auf die Pruefungen. An einem Gebaeude, in dem die Abschlussfeiern gehalten werden, hingen schon die Tafeln fuer die Ergebnisse. Wenn man seinen Namen nicht auf dieser Tafel findet ist man leider durchgefallen. Vor der Halle standen schon Collegeweise Leute in dunklen Maenteln an, die gerade graduiert hatten und nun eine lange Feier in Latein ueber sich ergehen lassen mussten. Eines der bekanntesten Colleges ist Trinity College (Foto vom Innenhof), und das durften wir besichtigen. Vor der Tuer dieses Colleges steht ein Apfelbaum zum Gedenken an Isaac Newton. Das College wurde von Henry VIII gegruedet, und eine Statur von ihm steht ueber dem Tor. In der Hand haelt er ein Stuhlbein, weil ihm ein Abgaenger als Streich das Zepter geklaut hat (Foto). Das College ist eines der reichsten in England und besitzt Land fast ueberall. Der Betrieb ist organisiert wie in Oxford, das koennt ihr im entsprechenden Eintrag nachlesen. Interessant ist aber, das in Cambridge der Term sehr kurz ist (8 Wochen und 2 Tage), dafuer aber auch am Samstag voll unterrichtet wird. Wir schauten in die Kapelle, in den Speisesaal (Foto), in den zweiten Hof. Uberigens darf man nur als "Fellow", also mit Bachelor, auf dem Rasen dort herumlaufen und erst ab dem 3. Studienjahr dort wohnen. Wenn man denn aber mal seinen Bachelor (of Arts, selbst wenn man Medizin studiert) erworben hat, muss man nur drei Jahre lang warten und kriegt automatisch seinen Master. Das ist in allen Colleges so, nicht nur in Trinity.
Nach der Fuehrung hatten wir noch etwas Zeit, um uns selber die Stadt anzuschauen. Wir fuetterten den Vogel, der waehrend der Fuehrung aus Luisas Pulli piepste, besuchten die sehr huebsche Round Church (Foto) und liefen noch etwas durch die Strassen, an den Colleges vorbei. Ich war zwischenzeitlich mal ein bisschen neidisch auf Julia, die hier studiert, denn es ist wirklich schoen in Cambridge. Gegen halb sechs fuhren wir dann zurueck nach Bristol, wo wir um halb zehn ankamen.
Jetzt beginnt allerdings wieder der ernst: lernen und die Abreise organisieren, denn lange bin ich ja nicht mehr hier!

Monday, May 07, 2007

Nordengland

Okay, in der letzten Woche hab ich euch geschont, der Blogeintrag war wirklich kurz. Dafuer gibt es jetzt ordentlich was zu erzaehlen.
Am Donnerstag morgen machte ich mich mit Clothilde, einer Franzoesin, auf den Weg nach Nordengland. Hierzu setzten wir uns bei grauem Himmel in Bristol in einen Zug in Richtung Manchester. Und hier begann dann auch unsere Gluecksstraehne: der Zug hatte so viel Verspaetung, dass er gerade so ankam, dass wir bequem einsteigen konnten, und wurde "umgewidmet", so dass wir uns das Umsteigen in Birmingham ersparten. Gegen Mittag kamen wir in Manchester an und stellten unser leichtes Gepaeck in unserer Dorm unter. Es war eine 18 bed mixed dorm, und erinnerte mich mit ihren dicht gedraengten Stahl-Doppelstock-Betten an ein Gefaengnis. Aber was solls- wir waren ja nur zum schlafen da. Am Nachmittag dieses Tages fuhren wir nochmal Zug, diesmal nach Liverpool, dem Mekka aller Beatles Fans. Ein Blick aus dem Fenster sagte mir mal wieder, dass das "Back Country", das von Industrie gepraegt wurde, heute wirklich schoen ist: gruene Huegel, Wiesen, Kuehe, Pferde und Schafe.
Clothildes Reisefuehrer sagte (selbstverstaendlich) auf franzoesisch, dass man Liverpool wohl nur wegen der Beatles in die Landkarte aufgenommen haette. Damit tat er der Stadt unrecht. Es mag am Sonnenschein gelegen haben, aber mir gefiel die Stadt mit ihren viktorianischen Riesenbauten und kleinen Backsteinhaeusern eigentlich ganz gut. Zunaechst besuchten wir die Touri-Info, die man wohl mit Ruecksicht auf die Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2008 in 08-Place umbenannt hat. Dann liefen wir durch die Strassen und besichtigten die zwei Kathedralen der Stadt. Die eine war alt und leer. Allerdings hatte sie in einem Seitenschiff ein Cafe untergebracht, was ich so noch nicht gesehen habe. Es ist zwar nicht unueblich in England, Kirchen mit Cafes zu versehen, aber meist werden sie in den Katakomben der Sakristei oder im Kreuzgang versteckt. Die zweite Kirche war sehr modern. Sie sah aus wie ein Raumschiff, von aussen wie von innen. Die Tuecher auf dem Altar sahen aus wie mit Graffitti versehen, und dann begann auch noch jemand die Orgel mit psychedelisch klingender Musik zu spielen.
Bevor es abhob, fluechteten wir und sahen einen Bus in Richtung Penny Lane fahren.
Danach liefen wir zu den Docks. Aus den Albert-Docks ist ein grosser Museums- und Kulturkomplex geworden. Wir blieben allerdings draussen. Auch die "Beatles-Story" mit ihren Relikten wie der Sonnenbrille von John Lennon sahen wir uns aus Zeit- und Kostengruenden nur von aussen an. Wir liefen etwas am Fluss und an den Docks entlang - die sind riesig! Ich hatte das Gefuehl, wirklich am Meer zu stehen. Auf der anderen Seite erkannte man umrisshaft noch andere Haeuser. Danach liefen wir in Richtung Matthew Street, um den Beatles weiter zu huldigen (Foto). Dort befand sich der Club, in dem die Beatles und der ganze Mersey-Beat ihren Ursprung hatten. In den 70ern musste er einer nie gebauten U-Bahn weichen, ist aber im Haus nebenan nachgebaut. An allen Ecken sieht man in dieser ziemlich engen Gasse Bezuege auf die Beatles.
Nachdem wir unsere Fotos geschossen hatten, besorgten wir uns etwas zu essen und fuhren dann zurueck nach Manchester, denn wir wollten an einem Pub-Crawl teilnehmen. Eine Einheimische fuehrte uns (anfangs wir beide und zwei Franko- Kanadier, wo nehme ich eigentlich immer die Franzoesich-Sprecher her?) durch das Nordviertel von Manchester. Alle noerdlichen Staedte werden in allen Reisefuehrern wegen ihres Nachtlebens angepriesen, und das wollten wir uns nicht entgehen lassen. Im ersten Pub, der eher alt und traditionell war, kamen noch einige andere Leute dazu. Wir zogen weiter in eine mexikanisch angehauchte Bar, dann kam ein eher orientalisch anmutender Pub, ein Pub mit Livemusik (cool, Indie!) und schliesslich ein ein wenig nach 60er Jahren aussehender Club. Es war lustig, wenn auch nicht voll. Gegen zwei lagen wir im Bett.

Am naechsten Morgen hatte ich leichte Kopfschmerzen. Die verflogen jedoch schnell, und nachdem wir in der "Kueche" gefruehstueckt hatten fuhren wir mit dem Zug in den Lake Distrikt zum Lake Windermere, dem groessten See Englands. In Bowness on Windermere bestiegen wir ein Schiff. Das fuhr uns weiter nach Norden in Richtung Berge. Vom Boot aus sah man Villen am See und weiter hinten Gebirge, die irgendwie aussahen wie der Brokeback-Mountain. Wir fuhren jedoch nicht weiter in die Berge (was vermutlich ein Fehler war) sondern setzten nochmal zu einem Schloss-Hotel ueber und liefen dann am Seeufer entlang durch den Wald hindurch und an Bilderbuch-Wiesen mit Schafen vorbei zum naechsten Faehranleger, wo uns ein Schiff zurueck nach Bowness brachte. Der Spaziergang war schoen, aber fuer mich dann doch nichts so besonderes: von Waeldern umgebene Seen kenne ich aus Deutschland. Deswegen war ich ein wenig enttaeuscht.
Gegen acht waren wir wieder in Manchester, assen unser Mikrowellen-Abendbrot und machten dort mit jemandem, den wir am Abend zuvor kennen gelernt hatten, weiter die Strassen unsicher. Wir hatten unseren Spass und tanzten viel, der Mensch mit dem wir unterwegs waren bewegte sich nicht so sehr viel.
Am Tag darauf schauten wir uns (endlich) Manchester an. Auch Manchester hat im Krieg einige Bomben abbekommen. Deswegen stehen zwischen den riesigen alten Haeusern einige Neubauten. Ich fand die moderne Architektur dort allerdings relativ inspiriert, besonders im Hafenviertel, wo wir hinfuhren, um das Imperial War Museum zu besuchen. Dieses Museum interessierte mich vor allem, weil es von Daniel Liebeskind entworfen wurde. Es war auch ein beeindruckendes Gebaeude (Foto), und eine interssante Ausstellung ueber den Einschlag des Krieges in das Leben einzelner Menschen. Als wir es angeschaut hatten, wollten wir allerdings lieber etwas heiteres machen und besuchten das nahegelegene Shopping-Outlet. Wir hielten uns dort jedoch nicht lange auf, denn wir wollten ja auch noch was vom Stadtzentrum sehen. Nachdem uns die Strassenbahn dorthin zurueckgebracht hatte, schauten wir kurz in die Gemaeldegallerie hinein, die einige schoene Bilder hatte. Dann liefen wir durchs Stadtzentrum (Foto: Stadthalle) zur Kathedrale (in deren Naehe ein wirklich altes Fachwerkhaus steht) und weiter zum Urbis, was ein interaktives Museum mit dem Konzept ist, die Stadt als Spielplatz zu benutzten. Schliesslich schlenderten wir zurueck zum Hostel, schnappten unser Gepaeck und liefen zum Bahnhof, von dem uns um 18.17 ein Zug aus Manchester zurueck nach hause transportierte.
Es waren ein paar wirklich schoene Tage dort. Ich stelle demnaechst, wenn ich sie habe, noch ein paar Extra-Fotos ins Netz. Jetzt heisst es allerdings mal wieder: Lernen. Urgh!